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Chancen und Herausforderungen von hybrider Lehre

    Seit vielen Jahren beschäftigt sich Lektorin Nina Alice Bauregger mit der Frage, wie man den Lernenden – sowohl im Kontext der Hochschulbildung als auch im Kontext des Lernens in Organisationen – die bestmögliche Lernumgebung bieten kann.

    Denn in den letzten Jahren hat sich die Landschaft des Bildungssystems stark verändert, insbesondere durch die rasante Entwicklung digitaler Technologien  – ganz zu schweigen von der Pandemie. In diesem Blogbeitrag wird Nina Alice Bauregger daher die Chancen und Herausforderungen der hybriden Lehre aus der Perspektive einer Lektorin der FH Burgenland betrachten.

    „Hybride Lehre bietet viele Vorteile, insbesondere in Bezug auf Flexibilität, Interaktion und Effektivität. Allerdings gibt es auch Herausforderungen bei der Umsetzung. Technologie, Mindset und Veränderungsmanagement müssen berücksichtigt werden, um hybride Lehre erfolgreich zu gestalten.“

    Nina Alice BaureggerLektorin im Master E-Learning und Wissensmanagement

    Was ist hybride Lehre?

    Zunächst einmal möchte ich kurz erläutern, was hybride Lehre eigentlich bedeutet. Bei diesem Ansatz werden Präsenzveranstaltungen mit Online-Elementen kombiniert. Studierende können also sowohl vor Ort im Hörsaal als auch digital von zu Hause aus an Vorlesungen und Seminaren teilnehmen.

    Chancen der hybriden Lehre

    Einer der größten Vorteile der hybriden Lehre ist die erhöhte Flexibilität für Studierende. Sie können Vorlesungen und Seminare von überall aus besuchen und sind nicht mehr an den Hörsaal gebunden. Das ist besonders vorteilhaft für Studierende, die weiter weg wohnen oder aus anderen Gründen nicht regelmäßig vor Ort sein können. Heinze und Procter (2017) zeigen in ihrer Studie, dass hybride Lehre zu einer höheren Zufriedenheit der Studierenden führen kann, da sie ihre Lernumgebung flexibel gestalten können.

    Interaktionen im hybriden Raum als Game Changer

    Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit zur Interaktion. Durch die Integration digitaler Elemente in die Lehre können Studierende auf unterschiedliche Weise miteinander und mit Vortragenden interagieren. Zum Beispiel können sie Fragen in einem Online-Forum stellen oder gemeinsam an Projekten arbeiten. Auch die Möglichkeit zur Kommunikation außerhalb der Präsenzveranstaltungen kann dazu beitragen, das Lernen zu verbessern. Eine Studie von Johnson et al. (2016) zeigt, dass die Nutzung von digitalen Medien in der Lehre die Interaktion und das Engagement der Studierenden fördern kann.

    Erfolgsfaktor für Diversität und Inklusion

    Hybride Lehre kann auch positive Auswirkungen auf Diversität und Inklusion haben. Laut einer Studie von Tondeur et al. (2017) können digitale Lernumgebungen dazu beitragen, die Vielfalt der Lernenden besser zu berücksichtigen und den Zugang zur Bildung zu verbessern. Insbesondere Lernende mit eingeschränkter Mobilität oder räumlicher Distanz können von hybrider Lehre profitieren.

    Darüber hinaus können digitale Lernumgebungen dazu beitragen, unbewusste Vorurteile zu verringern, indem sie die Interaktion und Zusammenarbeit zwischen Lernenden unterschiedlicher Hintergründe und Perspektiven fördern (Castaño-Muñoz et al., 2018).

    Jedoch muss darauf geachtet werden, dass bei der Umsetzung von hybrider Lehre auch Unconscious Bias berücksichtigt wird. Eine Studie von Cavanagh et al. (2016) zeigt, dass unbewusste Vorurteile bei der Gestaltung von Online-Lernumgebungen eine Rolle spielen können und eine Herausforderung darstellen, wenn es darum geht, ein inklusives und diversitätsorientiertes Lernumfeld zu schaffen. Um dies zu vermeiden, müssen Lehrende und Hochschulen darauf achten, dass ihre Online-Lernumgebungen barrierefrei und zugänglich für alle Lernenden sind.

    Insgesamt kann hybride Lehre dazu beitragen, Diversität und Inklusion in der Bildung zu fördern, indem sie eine flexiblere und zugänglichere Lernumgebung schafft. Dennoch müssen unbewusste Vorurteile und Barrieren bei der Gestaltung von Online-Lernumgebungen berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass alle Lernenden von den Vorteilen hybrider Lehre profitieren können.

    Herausforderungen der hybriden Lehre

    Technologie, Technik und User – hybride Lehre auf dem Prüfstand

    Natürlich gibt es auch Herausforderungen bei der Umsetzung hybrider Lehre. Eine davon ist die Technologie. Studierende müssen Zugang zu einer zuverlässigen Internetverbindung und geeigneter Hardware haben, um an digitalen Veranstaltungen teilzunehmen. Auch die Integration digitaler Werkzeuge in die Lehre erfordert technisches Know-how und die Fähigkeit, die Werkzeuge effektiv zu nutzen. Die Infrastruktur muss außerdem auf die Bedürfnisse hybrider Lehre angepasst werden. Das bedeutet, dass Dozierende und Lehrende entsprechend geschult und unterstützt werden müssen.

    Ohne das richtige Mindset geht nichts

    Eine weitere Herausforderung ist das Mindset. Die Einführung hybrider Lehre erfordert ein starkes Engagement der Hochschulleitung und Dozierenden. Es muss ein klares Konzept und eine Strategie geben, die Umsetzung der hybriden Lehre erfolgreich zu gestalten. Eine Studie von Steinmueller und Merali (2016) zeigt, dass ein erfolgreiches hybrides Lernmodell auch eine kulturelle Transformation erfordert, um sicherzustellen, dass Dozierende und Studierende mit den Veränderungen umgehen können.

    Schließlich muss auch die Veränderung, die die hybride Lehre mit sich bringt, berücksichtigt werden. Die Umstellung auf einen hybriden Lehransatz erfordert eine Änderung der traditionellen Lehre und Lernmethoden. Dozierende müssen bereit sein, ihre Lehrmethoden zu überdenken und anzupassen. Eine Studie von Bates (2015) zeigt, dass die Umstellung auf hybride Lehre ein kulturelles Umdenken erfordert, bei dem Lehrende ihre Rolle von reinen Wissensvermittlern zu Lernbegleitern ändern müssen.

    Virtuelles Burnout: Wenn die Zeit vor dem Screen zu viel wird

    Ein potenzielles Problem, das bei der Umsetzung hybrider Lehre auftreten kann, ist die sogenannte  „virtuelle Fatigue“ (vgl. Friesen & Lowe, 2012). Durch die vermehrte Nutzung digitaler Technologien und virtueller Interaktionen können sich Lernende erschöpft und überfordert fühlen. Insbesondere in Zeiten von COVID-19, in denen viele Studierende gezwungen sind, ihre Kurse online zu absolvieren, kann virtuelle Fatigue zu einem ernsthaften Problem werden.

    Um virtuelle Fatigue zu vermeiden, ist es wichtig, dass Lehrende und Hochschulen eine ausgewogene Balance zwischen digitalen und analogen Lehrmethoden finden. Insbesondere sollten sie sicherstellen, dass Lernende regelmäßige Pausen einlegen und sich ausreichend Zeit für Erholung und Entspannung nehmen. Darüber hinaus können Lehrende den Lernprozess durch verschiedene Aktivitäten und Methoden abwechslungsreich gestalten und somit das Engagement und die Motivation der Lernenden aufrechterhalten. 

    Fazit

    Insgesamt zeigt sich, dass die Umsetzung hybrider Lehre zwar zahlreiche Vorteile bietet, aber auch potenzielle Herausforderungen mit sich bringen kann. Indem Lehrende und Hochschulen diese Herausforderungen berücksichtigen und geeignete Strategien und Maßnahmen ergreifen, können sie eine erfolgreiche Umsetzung hybrider Lehre gewährleisten. Die Umstellung auf hybride Lehre erfordert ein Umdenken in der Lehre und Lernmethoden, was eine kulturelle Transformation erfordert.

    „Damit hybrides bzw. virtuelles Arbeiten und Lernen funktioniert, braucht es zwei Faktoren: Fähigkeit und Willigkeit“. So fasse ich die Gesamtsituation gerne zusammen. Sowohl Organisation bzw. Lehrende als auch Mitarbeiter*innen bzw. Lernende müssen fähig und willig sein, im virtuellen/hybriden Raum zu agieren und zu interagieren. Damit das möglich ist, braucht es spezielle didaktische Konzepte, die notwendige Technologie, aber auch das richtige Mindset. Denn hybrides Lernen ist die Zukunft!

    Quellen

    • Heinze, A. & Procter, C. T. (2017). Reflections on the use of a blended learning approach. Journal of University Teaching and Learning Practice, 14(1), 1-15.
    • Johnson, L., Adams Becker, S., Estrada, V., Freeman, A. (2016). NMC/CoSN Horizon Report: 2016 Higher Education Edition. New Media Consortium.
    • Mertens, S., Bastiaens, T., & Van Braak, J. (2017). Impact of digital learning environments on student motivation: An experimental study. Computers & Education, 114, 12-22.
    • Steinmueller, W. E., & Merali, Y. (2016). Beyond hype and underestimation: Identifying research challenges for the future of blended learning. The Internet and Higher Education, 28, 1-7.
    • Bates, A. W. (2015). Teaching in a digital age: Guidelines for designing teaching and learning for a digital age. Tony Bates Associates Ltd.
    • Tondeur, J., van Braak, J., Sang, G., Voogt, J., Fisser, P., & Ottenbreit-Leftwich, A. (2017). Preparing pre-service teachers to integrate technology in education: A synthesis of qualitative evidence. Computers & Education, 104, 1-15.
    • Castaño-Muñoz, J., Kreijns, K., Kalz, M., & Punie, Y. (2018). Unleashing the power of online learning for European universities: Policies and innovation strategies. European Commission, Joint Research Centre.
    • Cavanagh, M., Chen, B., & Chase, M. W. (2016). Barriers to adoption: Faculty and administrator perspectives on implementing online learning in degree-granting programs. Online Learning, 20(2), 1-22.
    • Friesen, N., & Lowe, S. (2012). The questionable promise of social media for education: Connective learning and the commercial imperative. Journal of Computer Assisted Learning, 28(3), 183-194.

    Verfasst von:

    Nina Alice Bauregger